Auf dem Mars gab es früher Wasser! Den Beweis dafür findet die NASA in Mineralien auf der Oberfläche des Planeten – mit einer Messmethode, die ein Doktorand der Technischen Universität München rund 50 Jahre zuvor entwickelt hat. 1961 erhält Rudolf Mößbauer dafür den Nobelpreis, mit damals erst 32 Jahren.
Im Jahr 2004 landen sie auf dem Mars, um Hinweise auf die Geschichte unseres Nachbarplaneten zu suchen: die Nasa-Raumsonden „Spirit“ und „Opportunity“. Sie sammeln Steine auf, untersuchen sie und schicken die Ergebnisse zur Erde. Dabei finden sie auf ihren kilometerlangen Touren Minerale, die nur in Gegenwart von Wasser entstehen – und beweisen so, dass es auf dem Mars einst Wasser gegeben haben muss.
Ein wichtiges Werkzeug dafür: das sogenannte Mößbauer-Spektrometer, benannt nach dem Münchner Physiker Rudolf Mößbauer. Bei seiner Doktorarbeit an der späteren Technischen Universität München entdeckt er 1958 die „rückstoßfreie Kernresonanzabsorption bei Gammastrahlen“ – und zeigt wenig später, wofür man sie nutzen kann.
Unbekannte Gesteine und Materialien, ob auf dem Mars oder auf der Erde, lassen sich mit diesem „Mößbauer-Effekt“ chemisch analysieren. Das Spektrometer misst dabei die ganz charakteristische Gammastrahlung, die die Atomkerne bestimmter Elemente zurückstreuen, wenn sie von einem radioaktiven Präparat angeregt werden. So lassen sich die chemischen Verbindungen in den untersuchten Gesteinen eindeutig identifizieren. 1961 erhält Rudolf Mößbauer für seine Entdeckung den Nobelpreis, mit damals erst 32 Jahren.
Den Mößbauer-Effekt erklärt sein Physiker-Kollege Francisco E. Fujita so: Will ein Kind von einem kleinen Boot an Land springen, so landet es im Wasser, weil es das Boot durch den Rückstoß beim Absprung nach hinten weg stößt. Liegt das Boot aber in einem zugefrorenen See, landet das Kind sicher am Ufer, denn das Boot kann nicht weg. Mößbauer nahm statt eines Bootes Iridium-191-Atomkerne, die Gammastrahlung aussenden. Wie das Kind überträgt das davoneilende Gamma-Teilchen einen Stoß auf das Atom und verliert dabei etwas Energie – so viel, dass gleichartige Atomkerne nicht mehr angeregt werden. Ist das Atom jedoch fest in einen Kristall eingebaut, geht es dem Gammateilchen wie dem Kind auf dem zugefrorenen See: Es kann seine ganze Energie mitnehmen. Trifft es nun auf einen gleichartigen Atomkern, reicht seine Energie aus, um diesen anzuregen.
Lange Zeit streitet die Fachwelt darüber, ob überhaupt und wie genau der für uns lebenswichtige Sauerstoff aus der Atemluft an das Hämoglobin in unseren roten Blutkörperchen gebunden ist. Denn die Kristallstruktur des Moleküls sieht eigentlich so aus, als könnten Sauerstoff und Eisenatom nicht zusammen kommen. Und doch ist dieser scheinbar unmögliche Komplex aus Eisen und Sauerstoff die chemische Reaktion, die uns alle am Leben erhält, indem das Hämoglobin den Sauerstoff von der Lunge in die Körperzellen transportiert. Mithilfe der Mößbauer-Spektroskopie lässt sich der Streit schließlich lösen. Die Methode beweist: Der Sauerstoff ist tatsächlich an das Eisenatom des Hämoglobins gebunden.
Als Rudolf Mößbauer 1961 den Nobelpreis erhält, arbeitet er schon seit einem Jahr in den USA. Am California Institute of Technology sind die Forschungsbedingungen damals deutlich besser als in Deutschland. Doch seine Heimatuniversität will den gebürtigen Münchner unbedingt zurückholen. 1964 macht sie ihm ein Angebot für eine Professorenstelle. Mößbauer ist interessiert – stellt aber Bedingungen: Er fordert ein neu organisiertes Physik-Department nach amerikanischem Vorbild, mit ausreichend Laborräumen und flacher Hierarchie in einem neuen Gebäude in Garching. Als die Bayerische Regierung der neuen Physik-Fakultät zustimmt, spricht die Presse damals vom „zweiten Mößbauer-Effekt“. 1970 schließlich ist das neue Physik-Gebäude fertig.
„Mößbauers Entdeckung wurde mit enormem Interesse wahrgenommen. Forschung zum Mößbauer-Effekt wurde bereits an vielen Orten begonnen. Durch seine Entdeckung wurde es möglich, im Labor fundamentale Konsequenzen von Einsteins Relativitätstheorie nachzuweisen.“
Ivar Waller, 1961, Nobelkomitee für die Physik der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften, in der Laudatio für Rudolf Mößbauer