Die wichtigste chemische Reaktion des Lebens, die Photosynthese, bleibt lange eines der größten Rätsel der Biologie. Wie wachsen Pflanzen allein mit Licht, Luft und Wasser? Erst 1985 löst ein Team um den Chemiker Robert Huber von der Technischen Universität München (TUM) dieses Rätsel – und erhält dafür wenig später den Nobelpreis.
Photosynthese mit dem Licht der Sonne ist die Grundlage alles höheren Lebens auf Erden. Nur wie gewinnen Pflanzen und unzählige andere Organismen die Energie der Sonne? Die Antwort auf diese Frage findet der Chemiker Robert Huber nicht in grünen Blättern – sondern in Purpurbakterien. Diesen Mikroorganismen, die in warmen Salztümpeln leben, widmet sich Hubers Forschungsgruppe Anfang der 80er, vor allem seine Mitarbeiter Hartmut Michel und Johann Deisenhofer.
Auch Purpurbakterien nutzen das Sonnenlicht, um organische Substanzen aufzubauen – wie grüne Pflanzen und Algen bei ihrer Photosynthese. Ein neuer wissenschaftlicher Ansatz, der die drei Forscher erst zur Aufklärung der Reaktion führt, und 1988 zum Chemie-Nobelpreis.
Hubers Spezialgebiet ist es, die Struktur komplexer Proteine mit Hilfe der Röntgenkristallographie aufzuklären. Und Hartmut Michel schafft es kurz zuvor, Kristalle des Proteins herzustellen, das entscheidend an der Photosynthese des Purpurbakteriums beteiligt ist. Atom für Atom bestimmen die drei Wissenschaftler die Struktur des Riesenmoleküls, indem sie es röntgenkristallographisch untersuchen. Nach und nach offenbart sich ihnen so seine Funktionsweise.
1985 gelingt es ihnen, die Struktur des Reaktionszentrums der Photosynthese zu ermitteln. Damit erklären sie „die wichtigste chemische Reaktion in der Biosphäre unserer Erde“, würdigt das Nobelpreis-Komitee später ihre Entdeckung. Den Aufbau des zentralen Moleküls der Photosynthese, des Chlorophylls, entschlüsselt übrigens etwa 60 Jahre zuvor auch ein Chemiker der TUM: Hans Fischer, der 1930 den Nobelpreis erhält.
Das gesamte höhere Leben auf der Erde ist auf die Photosynthese angewiesen, denn sie versorgt Lebewesen der gesamten Nahrungskette mit Energie und organischen Baustoffen. Mit der Energie aus dem Sonnenlicht erzeugen Pflanzen, grüne Algen und viele Bakterien aus Wasser und CO2 Kohlenhydrate, aus denen sie dann zum Beispiel Stärke oder Cellulose gewinnen. Zugleich setzt die Spaltung des Wassers Sauerstoff frei, den andere Organismen zum Atmen brauchen. Über Jahrmilliarden entstand so der Sauerstoff in der Atmosphäre unseres Planeten.
Huber und seine Kollegen entschlüsseln den dreidimensionalen molekularen Aufbau des für die Photosynthese verantwortlichen Proteinkomplexes, die biologische Photozelle: Rund um ihr eigentliches Reaktionszentrum sammeln Chlorophyll-Moleküle die Photonen des Sonnenlichts und reichen deren Energie in Form von Elektronen weiter. Über viele Zwischenstufen treiben sie in grünen Pflanzen und Algen die Wasserspaltung an. Auch für die Farbe, die das Auge sieht, ist Chlorophyll verantwortlich: Pflanzenchlorophyll absorbiert vor allem rotes und blaues Licht. Übrig bleibt grünes Licht, das die Pflanze grün erscheinen lässt.
„Proteine sind schön, Kristalle sind schöner“, sagt Robert Huber – gelingen ihm seine größten wissenschaftlichen Erfolge doch mit der Strukturanalyse von kristallisierten Proteinen, insbesondere von medizinisch bedeutsamen Medikament-Rezeptoren. Schon als Kind faszinieren ihn Kristalle. Beim Wandern in den Alpen sammelt er Mineralien wegen ihrer klaren und symmetrischen Strukturen. Kristalle aus Proteinen untersucht er bevorzugt mit der Röntgenstrukturanalyse. Die Strahlen werden vom Kristallgitter mit charakteristischen Beugungswinkeln abgelenkt und ergeben punktförmige Muster als Beugungsbild. Mit Erfahrung und mit mathematischen Gleichungen lässt sich daraus die räumliche Struktur des Proteins rekonstruieren. Ein Puzzlespiel, das Huber seit jeher fasziniert und in das er von Walter Hoppe, Professor an der TUM, als Diplomand und Doktorand eingeführt wurde.
„Unsere gesamte Ernährung beruht auf diesem Prozess, den man Photosynthese nennt und der eine Voraussetzung für alles Leben auf der Erde ist.“
Nobel-Komitee für die Chemie, 1988, bei der Verleihung des Nobelpreises an Robert Huber, Hartmut Michel und Johann Deisenhofer